Elektronischer Heilberufsausweis (eHBA) - Muster Foto: © MAGS.NRW/Bezirksregierung Münster • Lizenz: CC-BY •
Bis 1. Januar 2026 müssen sich alle Physiotherapiepraxen an die Telematikinfrastruktur (TI) anschließen. Lesen Sie heute also einen kleinen Leitfaden: Was das ist, wie das geht und worauf es ankommt. Eine wichtige Vorbemerkung gleich zu Anfang: Für die Anbindung an die TI reicht es zunächst, wenn pro Praxis ein einziger elektronischer Heilberufeausweis (eHBA) vorliegt.
Was ist die Telematikinfrastruktur (TI)?
Kurz gesagt ist die TI so etwas wie ein eigenes Internet für medizinische Einrichtungen. Hier sollen diese sicher miteinander kommunizieren und die digitalen Anwendungen (ePA, E-Rezept, KIM und TIM etc.) sicher nutzen können. Anders als im „normalen“ Internet, bleibt dabei stets nachvollziehbar, von wem welche Informationen stammen und wer auf diese zugreifen darf.
Wie komme ich an dieses „Medizin-Internet“?
Nachdem ja gewährleistet sein muss, dass nicht Hinz und Kunz medizinische Daten einsehen (und missbrauchen) kann, muss man drei Schritte absolvieren, bis es so weit ist.
- Schritt: Elektronischer Heilberufeausweis (eHBA)
Der eHBA
Neben dem Patienten sollen ja ausschließlich medizinische Berufe Zugriff auf die Gesundheitsdaten haben. Also muss sich jeder Therapeut mittels eines speziellen „Internet-Therapeutenausweises“, dem sog. elektronischen Heilberufeausweis (eHBA), als selbiger verifizieren. Beim eHBA handelt es sich um ein Plastikkärtchen in Scheckkartengröße. Dieses wird für Sie von einem sog. Vertrauensdiensteanbieter (VDA) gegen Geld – nach vorhergehender Prüfung Ihrer Berechtigung durch das elektronische Gesundheitsberuferegister (eGBR) – produziert. Vertrauensdiensteanbieter (VDA)
Momentan existieren in Deutschland drei verschiedene Produzenten für eHBAs (Vertrauensdiensteanbieter) mit unterschiedlichen Konditionen:
Elektronisches Gesundheitsberuferegister (eGBR)
Doch bevor einer dieser VDA die Produktion anwerfen kann, muss das sog. elektronische Gesundheitsberuferegister (eGBR) in Münster prüfen, ob Sie überhaupt Therapeut sind. Dies geschieht anhand Ihrer Daten und Ihrer Berufsurkunde. Hierfür berechnet das eGBR eine Verwaltungsgebühr von 40 Euro.
BundIDNicht erschrecken: Im Laufe der digitalen Beantragung des eHBAs (meist gleich ziemlich am Anfang) fragt man Sie nach Ihrer BundID. Falls Sie diese noch nicht haben sollten, können Sie diese im Laufe der eHBA-Beantragung ebenfalls mit beantragen (siehe Erklärvideo unten).
TippEs empfiehlt sich also Im Vorfeld, sich anhand der Konditionen schon einmal für einen VDA zu entscheiden und auch seine Berufsurkunde einzuscannen.
Beantragung TherapeutenausweisDen Online-Antrag auf einen eHBA stellen Sie hier.
Schönes Erklärvideo zu diesem Schritt
Therapeut zu sein, reicht alleine noch nicht, um Einblick in die Gesundheitsdaten zu bekommen und in der TI „mitspielen“ zu dürfen. Sie könnten ja auch (wie der Autor dieser Zeilen) Ihre Therapeuten-Jogginghose vor 10 Jahren an den sprichwörtlichen Haken gehängt haben. Sie müssen schon ein Therapeut sein, der noch an Patientinnen arbeitet. Gewährleistet wird dies dadurch, dass am Ende nur ein Zusammenspiel aus Therapeutenausweis (eHBA) und einer Art Praxisausweis (SMC-B Karte) den Zugang zur Telematikinfrastruktur ermöglicht.
Wie erhalte ich diesen Praxisausweis?Dies gestaltet sich etwas einfacher als bei dem eHBA. Eine BundID haben Sie ja bereits und eine Berufsurkunde müssen Sie auch nicht mehr hochladen. Sie müssen lediglich erneut 40 Euro berappen und sich entscheiden, welcher der drei VDA Ihnen diesen Praxisausweis herstellen soll.
Beantragung PraxisausweisDen Online-Antrag auf eine SMC-B Karte stellen Sie hier.
Schönes Erklärvideo zu diesem Schritt
Als letzter Schritt kommt nun ein sog. TI-Anbieter ins Spiel. Dies ist eine Firma, die Ihre Praxis an das „Gesundheits-Internet“ aka Telematikinfrastruktur (TI) anbindet und ein gematik zertifiziertes Kartenlesegerät aufstellt. Da es sich bei dem Anbieter um ein privatwirtschaftliches Unternehmen handelt, wird es Ihnen diese Anbindung, das Lesegerät und den weiteren Support in irgendeiner Form in Rechnung stellen.
Als Ti-Anbieter kommen Unternehmen aus folgende drei Gruppen in Frage:
- • die großen Anbieter von Praxisverwaltungssoftware
• die großen Player aus dem Markt der Abrechnungszentren
• unabhängige Softwarehäuser
Tipps aus und für die Praxis – Ein Kommentar des Autors
Beobachtungen
Manch TI-Anbieter wünscht sich, dass man Schritt 2 (Beantragung der SMC-B Karte) mit ihm zusammen geht, da mit bestimmten Vertrauensdienstanbietern ein Kooperationsvertrag besteht.
Und wiederum andere Firmen erzählen verunsicherten Therapeuten, dass jetzt bald die elektronische Heilmittelverordnung (eHMVO) käme und man sich daher unbedingt jetzt an die TI anschließen müsse. Ansonsten könne man bald gar nicht mehr abrechnen.
Dies ist, gelinde gesagt, falsch. Stand jetzt kann ich über die TI nur KIM und TIM nutzen. Das wahrscheinlich nächste Projekt wird die ePA sein – aber auch da hakt es bei der flächendeckenden Einführung (wir berichteten). Und ja, im Gesetz für die eHMVO steht das Jahr 2027. Aber bis dato ist in dieser Hinsicht noch fast gar nichts geschehen. Keine einzige technische Spezifikation wurde bislang festgelegt, obwohl dies lt. Gesetz bis 30.6.2024 hätte erfolgen müssen. Das heißt: Ja, die eHMVO wird kommen. Aber wann und vor allem wie, kann heute noch keiner seriös sagen.
Kosten
Der Gesetzgeber hat verfügt, dass Praxen für ihren Anschluss an die TI Geld vom GKV-Spitzenverband bekommen (wir berichteten); und zwar salopp gesagt ca. 208 Euro für jede SMC-B Karte und ca. 7,50 Euro für jeden eHBA und das pro Monat. Und wie wir beobachten können, dienen diese Summen als Richtgrößen für die TI-Anbieter.
Aber aufgemerkt! Wenn Sie wirklich Ihre TI-Anbindung für „umsonst“ haben wollen, achten Sie bitte darauf, was im Angebot Ihres Anbieters alles „drin ist“. Ist alles drin oder müssen Sie z. B. das Kartenlesegerät extra bezahlen? Nennt er Ihnen Nettopreise und wenn Sie die Mehrwertsteuer draufschlagen, kostet es mehr als Sie erstattet bekommen? Bleibt Ihr Anbieter unter dem Erstattungsbetrag des GKV-Spitzenverbandes, sodass Sie vom Erstattungsbetrag noch die Kosten für den eHBA und die SMC-B Karte refinanzieren können?
Vertragslaufzeit
Unsere Recherchen ergaben, dass auch in der Vertragslaufzeit Unterschiede am Markt bestehen. Binden Sie sich fünf, vier oder drei Jahre an einen Anbieter? Wenn Sie evtl. in drei Jahren die Praxis aufgeben wollen, ist es ungeschickt, sich auf fünf Jahre zu verpflichten.
Technik
Die TI-Anbieter binden Ihre Praxis an die TI an. Hierfür können sie - Stand heute - zwei verschiedene Techniken wählen:
• Die etwas ältere Technik; nennt sich "TI as a Service". Hier steht quasi eine etwas größere Fritzbox in einem Rechenzentrum.
• Oder die modernste Technik; nennt sich "TI-Gateway". Hier handelt es sich um einen rein virtuellen Konnektor.
Weshalb ist das wichtig? Nun ja, die wenigsten Therapeuten sind Nerds, die sich alle paar Monate mit den Feinheiten der digitalen Welt beschäftigen wollen. Und bereits heute ist klar, dass es irgendwann zu einer Umstellung von TI as a Service auf TI-Gateway kommen wird. Was man heute allerdings noch nicht sicher sagen kann: Wann kommt das? Und wie groß wird das „Gschiss“ für die Therapeuten dann sein?
Lebenserfahrung
Am Schluss noch etwas Lebenserfahrung. Rein rechtlich und in einer optimalen Welt muss in der Praxis jede Technik mit jeder anderen Technik harmonieren. Sprich: Wenn Sie die Praxissoftware von Firma A nutzen, muss diese auch mit der Software eines TI-Anbieters der Firma B harmonieren.
Doch gerade bei der Implementierung von etwas völlig Neuem wie der TI, zeigt die Lebenserfahrung einfach, dass der Teufel oft im Detail steckt. Daher könnte es doch zumindest einen Gedanken wert sein, zu überlegen: Wenn ich mit meiner bisherigen Software zufrieden bin und diese Softwarefirma macht mir in Sachen TI-Anbindung ein einigermaßen akzeptables Angebot, ist es dann nicht das Sicherste als Schuster bei seinem Leisten ….äähh als Therapeut bei seinem Praxisverwaltungssystem zu bleiben?
Aber dies nur so ein Gedanke zum Schluss.
Friedrich Merz / physio.de
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